Geschwisterliebe

Unsere drei Kinder haben von mir einen selbstgenähten Teddy bekommen. Die Teddys von Ben und Hannah liegen meistens in ihren Betten, weil sie damit schlafen. Als Alex mir zu Weinachten letztes Jahr eine neue Nähmaschine geschenkt hatte, musste ich den Kindern vorführen, wie sie funktionierte und so nähte ich zwei schlichte Schlafsäcke für ihre Bären.

Eines Abends beim Schlafenlegen entdeckt Ben nun seinen Teddyschlafsack und sagt: „Mama, den kann Samuel haben.“ – „Aber sein Teddy ist noch nicht ganz fertig.“ „Aber wir können das so machen: Wir stecken ihn durch das Loch in Samuels Bett und dann tun wir seine Füße da rein.“

Da geht mein Mutterherz auf bei so viel Geschwisterliebe!! Ben wusste ja von Anfang an, dass er einen Bruder bekommen würde. Sie hatten wohl schon immer einen tiefe Verbindung.

Und Hannah hat sich lieber von meinem Babybauch trösten lassen als von meinen Armen. Bisher konnten die beiden ihren Bruder noch nicht küssen, aber dafür haben sie schon vor der Geburt vorgesorgt 😉

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Unser neuer Alltag

Wie viel ein kleines Kind verändert, weiß jeder, der in dieser schönen Situation war. Allerdings schmeißt das dritte Kind normalerweise nicht noch einmal alles über den Haufen…aber was ist schon normal. So klein unser Samuel auch ist, er hat große Auswirkungen auf unseren Alltag und unser ganzes Leben.

Jeden Abend wird der nächste Tag geplant…weiter trauen wir uns kaum zu denken, weil es sonst zu kompliziert wird. Wer fährt vormittags ins Krankenhaus, wer darf nachmittags mit Samuel kuscheln? Wir wollen natürlich so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Der andere schmeißt den Haushalt und unterhält Ben und Hannah. Bei alldem liegt es uns besonders am Herzen, unsere großen Kinder nicht zu vernachlässigen. Sie brauchen uns in dieser Situation besonders, und zwar möglichst beide. Sie brauchen Ruhe zu Hause und Aktion unterwegs.

Dadurch dass ich gerade mein Studium abgeschlossen habe, sind wir beide „zu Hause“ und können den Alltag gemeinsam bewältigen. Es ist nicht einfach, Schlaf ist eher Luxus (das kennen ja alle Eltern 😉 ), aber unsere tollen Kinder erheitern uns so häufig durch ihre fröhliche Art. Und unser kleiner Samuel entschädigt unsere Mühe allein durch sein Leben, das an sich ja schon ein Wunder ist.

 

Aus Reginas Tagebuch – 06.07.2013

„Es ist so merkwürdig, hier in Bonn zu sein, durch die Fußgängerzone zu laufen, im Starbucks zu sitzen. Alles läuft ganz normal weiter, während sich für uns alles geändert hat. Ich habe das Gefühl, ich nehme jetzt alles ganz anders wahr. Dinge haben an Bedeutung verloren, andere an Wert gewonnen.

…Schenk mir einen Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Das Leben ist so kurz, so zerbrechlich. Es muss schrecklich sein, sein Leben einfach so dahin zu leben, ohne zu wissen wofür, wohin. Ich verschwende immer noch zu viel Zeit mit Bequemlichkeit, aber ich habe ein Ziel. Danke dafür!“

Erste Autofahrt

Tag 20

Samuels wurde in die Kinderklinik in Bonn verlegt, weil er der Stabilste auf der Station war 🙂 Das war wirklich schön zu hören, auch wenn er uns gar nicht so stabil vorkam mit seinen vielen Abfällen.

Und dann durfte Samuel in einem Krankenwagen mitfahren. Diese Fahrt hat ihm so gut gefallen, dass seine Sauerstoffsättigung in den nächsten Tagen so gut war, dass er nur wenig Unterstützung brauchte. Ein echter kleiner Mann eben!

Wir fühlten uns direkt wohl auf der neuen Station. Die Schwestern waren so lieb, dass sie Fotos von Samuel ohne Maske machten, als sie ihn gewaschen haben. Vielen Dank, liebe Sr. Ursi & Ursula 🙂

Unser größter Wunsch

Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir mit unserem Samuel verbringen können – vielleicht nur noch Tage, vielleicht tut Gott ein weiteres Wunder und macht Jahre daraus…

Doch mein größter Wunsch und mein Gebet ist, dass Samuel zu uns nach Hause kommt.

Wir wollen ihn richtig in unseren Familienalltag aufnehmen. Die Kinder wollen mit ihm kuscheln…

Und ich wünsche mir, seine Wange an meine zu drücken und ihn zu küssen, nicht nur auf die Haare.

Ich wünsche mir Familienfotos und Bilder, auf denen unsere drei Kinder abgebildet sind.

Ich wünsche mir Abdrücke von Samuels kleinen Händchen und Füßen.

Ich möchte mich um ihn kümmern, ihn in den Schlaf wiegen, mit ihm spazieren gehen…

Ich wünsche mir so sehr, dass er nach Hause kommt, sei es für Tage oder Jahre. Er soll mehr kennen lernen als seinen Inkubator.

Aber ich weiß nicht, ob mein Wunsch im Willen Gottes ist. Immer wieder sage ich ihm: „Herr, wenn es besser für ihn ist, dann nimm ihn zu dir. Ich will bereit sein, ihn loszulassen. Du weißt, was das Beste ist.“

Manchmal sage ich das aus voller Überzeugung, manchmal voller Angst, er könne mich beim Wort nehmen. Mein Kopf weiß, dass ich loslassen muss; ich kann ihn nicht halten. Aber mein Herz will ihn für immer festhalten.

 

 

Aus meinem Tagebuch – 03.07.2013

„Vater,

ich vermisse Samuel so sehr. Wie lange muss er noch im Krankenhaus bleiben? Warum nimmt er jetzt so langsam zu? Ich wünsche mir so sehr, ihn hier bei uns zu haben. Bin ich egoistisch? Ja, bestimmt, will ich das auch für mich. Auch für ihn, Ben und Hannah und Alex. Aber auch für mich. Ich will Erinnerungen zusammen. Ich will Hand- und Fußabdrücke von ihm machen.

Bei dir wird er es aber viel schöner haben. Und er wird gesund sein. Und eines Tages werden wir ihn wieder sehen.

Es tut so weh, mir unsere Zukunft ohne ihn vorzustellen…

So ein kleiner Mensch, aber er wird ein riesen Loch in uns hinterlassen. Ich vermisse ihn so sehr!

… Lass ihn spüren, wie sehr wir ihn lieben und wollen. Du hast ihn wunderbar, perfekt gemacht. Er ist unser Samuel. Und ich liebe ihn so unbeschreiblich sehr!“

 

„Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.“

Offenbarung 21,4, NL