Tag 11
Samuel ging es inzwischen besser. Wir freuten uns über seine Fortschritte.
Schon als ich vormittags bei ihm war, sagte man mir, dass die Oberärztin mit mir reden wollte. Ich ahnte, dass es sich um nichts Erfreuliches handeln würde. Das hatte ich inzwischen gelernt. Am Nachmittag, direkt als ich ankam, fand nun das Gespräch statt, in dem sie mir Samuels Diagnose mitteilte. Sie sagte, dass die Humangenetiker zwei Verdachtsdiagnosen hatten, als sie sich Samuel angesehen haben. Die erste davon war Trisomie 18. Und diese hatte sich bestätigt.
Ich konnte mir nichts darunter vorstellen. War es ähnlich wie Trismonie 21? Als sie erklärte, dass die meisten Kinder noch vor der Geburt sterben, wusste ich: Samuel ist jetzt schon ein Wunder! Ich war recht gefasst, als sie mir die Symptome aufzählte, z.B. den Herzfehler. Aber als sie mich dann über die Lebenserwartung aufklärte, begannen die Tränen zu fließen.
Ich fragte sie auch nach dem genauen aktuellen Zustand seines Herzchens, denn das gab wirklich Grund zur Sorge. Die Herzmuskelverdickung war nach wie vor nicht zurückgegangen.
Wie sollte ich Alex diese Nachricht nun vermitteln. Während ich ihn sonst über Nachrichten oder Telefonate auf dem Laufenden hielt, wollte ich ihm das persönlich sagen, bevor er zu Samuel ging, damit er es nicht von den Schwestern erfuhr. Als er endlich im Krankenhaus war, konnte ich ihm alles ganz in Ruhe schildern – darüber haben wir uns beide gewundert. Doch wir merkten, wie Gott uns auf diese Diagnose vorbereitet hatte und wir freuten uns, Zeugen eines Wunders zu sein.
In den nächsten Tagen hatten wir Zeit, diese Nachricht zu verarbeiten. Für uns war es kein so großer Schock, ein behindertes Kind zu haben, sondern dass es todkrank war. Dennoch ging es uns „gut“. Wir hatten Frieden in uns. Und wir wissen, dass er von Gott kam durch die Gebete von vielen lieben Menschen.
In dieser Woche zog ich wieder nach Hause. Ben und Hannah fiel die Trennung von mir und das Hin und Her sehr schwer. Sie wollten auch nirgends mehr ohne Alex bleiben, sodass er Samuel nur wenig sehen konnte. Nun wechselten wir uns ab und ich merkte, wie gut es mir tat, zu Hause zu sein und meine beiden Großen um mich zu haben. Doch die Trennung von meinem Baby fiel mir sehr schwer. Nun konnte ich ihn nicht mehr so häufig sehen.
Seitdem wir Samuels Diagnose kennen und wissen, dass jeder Tag sein letzter sein könnte, ist unser größter Wunsch, dass wir ihn bald nach Hause holen können. Bitte betet mit uns!
Aus meinem Tagebuch – 19.06.2013
„… Wir werden unser Kind verlieren!
Ich bin dir aber so dankbar, dass wir sein Gesicht sehen durften – und er sieht Ben so ähnlich – und sein Engelslächeln. Danke, dass ich ihn halten durfte, sogar einmal so, wie ich es mir gewünscht habe – ohne Maske auf meiner Brust.
Unser Samuel, ein kleiner Vogel, der viel zu schnell davonfliegt.“