1. Spaziergang

Letzte Woche wollten wir vier unseren Samuel im Krankenhaus besuchen. Allerdings hatte kein Arzt Zeit, unsere beiden Großen durchzuchecken, bevor sie ins Krankenzimmer durften. Da fragte uns die Schwester, ob wir Samuel stattdessen mit nach draußen nehmen wollen. Und ob wir wollten 🙂

Mit Sauerstoff im Gepäck ging es für Samuel nun zum ersten Mal an die frische Luft. Wir haben es alle genossen! Hannah und Ben konnten die Hände nicht von ihm lassen und Ben hat seinen kleinen Bruder sogar füttern dürfen.

Und jetzt noch eine kurze Nachricht von Ben: gggggggggggooook,gbzohbzh´öbh.ohzkb. 0ßrpeforg     ben

Und von Hannah: ö8000000000hhziiiiiiiiiiiiiiii

Mit Monitor und Infusionen

Sonnenlicht ist so ungewohnt hell…

„Ich will mit dir kuscheln, Samuel!“

Mein großer Bruder kann mich schon füttern 🙂
Ich hab schon einen großen Schnulli!

Ein neuer Blickwinkel

Als Kind hatte ich Angst vor behinderten Menschen. Auf meinem Schulweg fuhr ich immer an einem Heim vorbei und hin und wieder stieg eine Gruppe behinderter Menschen in meinen Bus. Ich fühlte mich sehr unwohl und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte.

Freundinnen von mir haben einen behinderten Bruder, der inzwischen erwachsen ist. Ich habe mich immer gefragt, wie die Mutter es schafft, sich um ihn zu kümmern.

Wenn ich in der Stadt ein behindertes Kind im Rollstuhl gesehen habe, empfand ich direkt Mitleid für das Kind und seine Familie.

Und irgendwo war da immer die Angst, selbst mal ein behindertes Kind zu bekommen. Ich bin aber jemand, der sich die schlimmsten Situationen vorstellt, daher versuche ich, solche Gedanken direkt beiseite zu schieben.

Als uns mitgeteilt wurde, dass unser ungeborenes Kind möglicherweise eine geistige Behinderung haben wird, war das ein Schock. Ich stelle mir zwar alle möglichen Horrorszenarien vor, aber ich rechne doch nicht damit, dass sie Wirklichkeit werden! Diese Nachricht war sehr schmerzhaft. Ich bekam Angst davor, dass ich es nicht schaffen würde, mich um mein Kind zu kümmern. Und es tat auch echt weh einzusehen, dass der Sommer, wie wir ihn uns vorgestellt haben, und unser weiteres Leben nicht so verlaufen würde wie in unseren Träumen.

Doch irgendwann änderten sich diese Gedanken. Das war an dem Punkt, an dem wir erkannten, dass das Leben unseres Babys auf dem Spiel steht.

Ich habe mir ein Interview eines Paares angesehen, das ihre vierte Tochter 2,5 Stunden nach der Geburt verloren hat. Während der Schwangerschaft äußerten die Ärzte zunächst den Verdacht auf Down-Syndrom und das Pärchen betete: „Bitte, Gott, lass es kein Down-Syndrom sein! Kein Down-Syndrom!“ Doch als die Ärzte ihnen sagten, dass ihr Kind womöglich nur wenige Minuten lebensfähig sein würde, flehten sie: „Bitte, Herr, lass es Down-Syndrom sein!“

Plötzlich zählt nur noch das Leben unseres Kindes.

Mir ist in dem Augenblick, in dem sich mein Blickwinkel geändert hat, neu bewusst geworden, was für ein Geschenk ein Kind ist. Was für ein Wunder! Und wir dürfen Teil dieses Wunders sein.

Samuel ist nicht unser behindertes Kind. Samuel ist unser Sohn und in unseren Augen ist er perfekt. Seine Zeigefinger, die immer auf dem Mittelfinger liegen, finde ich einfach nur süß! Und seine kurzen großen Zehen sind genauso schön geformt wie die restlichen auch.

Ich gebe zu, dass in der Hoffnung, dass wir ihn noch mehrere Jahre bei uns haben, auch ein wenig Bangen mitschwingt, wie sich unser Leben dadurch verändern würde. Ich kann die Angst, die hinter Sätzen wie: „Ich bin erst 25. Ich kann doch kein behindertes Kind bekommen!“ nachvollziehen. Und wir können uns auch noch gar nicht Eltern eines behinderten Kindes nennen, weil wir noch nichts von seiner geistigen Behinderung mitbekommen haben. Aber ich empfinde jetzt ganz anders, wenn ich einen behinderten Menschen sehe. Ich glaube wirklich und habe auch von anderen gehört, dass wer sich auf dieses Wunder anderer Art einlässt, die wahre Bedeutung von Lebensqualität begreifen wird.

Behinderte Menschen passen nicht in die Vorstellung einer idealen Welt der meisten Menschen. Doch uns würde ohne sie etwas fehlen. Sie bereichern uns – durch das, wer sie sind und durch das, wer wir durch sie werden. Denn sie sind keine Fehler. Sie sind perfekte Geschöpfe Gottes.

Warum schreibe ich das alles eigentlich? – Ich wünsche mir, dass auch viele Menschen ohne ein behindertes Kind dieses Wunder erkennen können. Und wenn sie dann so ein Wunder vor Augen haben, sollen sie kein Mitleid empfinden, sondern Freude über Gottes einmalige Schöpfung! Ich möchte nicht, dass man in mir die Mutter eines kranken Kindes sieht und schon gar nicht soll man Samuel bemitleiden oder Angst vor ihm haben. Wer Samuel sieht soll überwältigt sein von Gottes Liebe und daran erinnert werden, wie WUNDERbar das Leben ist.

Zuhause rückt näher

Tag 45

Vorgestern bat ich euch, darum zu beten, dass Samuel bald nach Hause kommen kann und direkt am nächsten Tag habe ich gleich drei Gespräche über dieses Thema 🙂

2-3 Wochen wird es ungefähr noch dauern. Solange hat Samuel  Zeit, um weiter fleißig zuzunehmen und trinken zu üben. Vielleicht wird man dann auch besser einschätzen können, ob er seine Atemschwierigkeiten hat, weil er ein Frühchen ist oder oder… Aber wenn er weiterhin auf seine Atemhilfe angewiesen sein wird, bekommt er sie einfach mit nach Hause – so wie alles andere auch, was dafür nötig ist, ihn gut zu versorgen und zu überwachen.

Doch wir brauchen nicht nur tatenlos daneben sitzen und warten, sondern haben auch noch einiges vorzubereiten und zu lernen. Wir werden total gut betreut und bekommen von allen Seiten Hilfe. Jetzt wird ein geeigneter Pflegedienst gesucht und wir müssen uns überlegen, in welchem Umfang wir diese Unterstützung zu Hause haben wollen. Bitte betet mit uns für gute Leute, mit denen wir uns wohl fühlen.

Wir möchten euch auch darum bitten, für unsere beiden „großen“ Kinder zu beten. Natürlich nimmt sie diese Situation auch mit. Immer ist entweder Papa oder Mama weg. Wenigstens zu den Mahlzeiten versuchen wir alle zusammen zu sein, aber das klappt auch nicht immer. Daran, sie mal woanders unterzubringen, ist gar nicht zu denken, aber das wollen wir auch nicht. Wir möchten den Alltag für sie so normal wie möglich gestalten. Auch ihnen wird es gut tun, wenn Samuel endlich zu Hause ist. Seine Pflege wird sicher zeitintensiv werden, aber wenigstens sind wir dann alle zu Hause.

Bald…

 

PS: Heute ist Samuels errechneter Entbindungstermin 😉

Dankbarkeit statt Wut

Letzte Woche haben Alex und ich den Film Courageous – Ein mutiger Weg geguckt. Darin geht es um fünf Männer und ihre Rolle als Väter. Einer von ihnen verliert seine Tochter bei einem Verkehrsunfall. Seine Frau und er sind am Boden zerstört. Er sucht das Gespräch mit seinem Pastor und der sagt ihm folgenden Satz (frei zitiert):

„Sie können entweder wütend auf das sein, was Sie nicht mit ihr erlebt haben oder dankbar sein für das, was sie gemeinsam erlebt haben.“

Das hat uns sehr angesprochen. Es gibt so viele Dinge, die wir unserem kleinen Vogel gerne noch zeigen und sagen würden. Ben wollte mit ihm Fußball spielen. Hannah… sie ist zufrieden, wenn sie endlich mit ihm kuscheln darf 🙂

Alex wollte mit seinen beiden Jungs zelten. Und ich? Ach da gibt es so vieles… Vielleicht werden wir einiges davon auch noch schaffen. Dennoch ist uns bewusst, dass vieles nicht möglich sein wird. Das macht uns zwar nicht wütend, aber irgendwie traurig. Fehlende Erinnerungen tun weh. Das weiß ich seit dem Tod meiner Schwester.

Doch wir entscheiden uns dafür, dankbar zu sein. Wir sind dankbar dafür, dass wir unseren Samuel kennen lernen können. Wir können ihn sehen – seine dunklen Augen, wie er versucht, mit seiner Zunge die Sonde aus dem Mund zu schieben. Wir können ihn riechen – dieser Babygeruch ist der Wahnsinn, ich will ihn direkt abknutschen!! Wir dürfen sein leises Stimmchen hören und seine weiche Haut auf unserer spüren. Wir dürfen mit ihm kuscheln, ihn küssen und ewige Erinnerungen schaffen. Ich genieße ganz besonders die Momente, in denen ich meinen kleinen Jungen auf dem Arm habe und er ganz friedlich bei mir schläft. Eigentlich sind es Stunden, aber sie verfliegen oft so schnell wie Augenblicke. Doch diese Augenblicke schenken uns beiden Ruhe und Kraft, auf das nächste Wiedersehen zu warten.

Danke, Gott, für dieses WUNDERvolle Geschenk und jeden Augenblick, in dem wir es genießen dürfen!

Dankbar

 

Tag 43
Heute schreibt eine zutiefst dankbare Mama vom zufriedensten Baby der Welt. 🙂

In der letzten Woche hat sich Samuel Zustand leider nicht gebessert, im Gegenteil. Er verträgt inzwischen keine Pausen mehr von seiner Maske und braucht zusätzlichen Sauerstoff. Die Maske hat ihn aber echt schon richtig genervt. Ständig musste jemand an ihm herumfummeln, weil sie immer und immer wieder verrutscht ist. Mal hat sie ihm die Nase abgedrückt, dann saß sie zu locker und sein kleiner Köpfchen war schon richtig verformt. Dann hat man eine andere Mütze ausprobiert. Fällt euch etwas auf? Richtig, unser Junge trägt XL 😉


Es gab wie in jeder Woche Aufs und Abs der Gefühle und Hoffnungen. Doch heute möchte ich mich auf die Aufs konzentrieren 🙂
1. Samuel liegt in einem Wärmebettchen und nicht mehr im Inkubator!! Wir können jetzt einfach den Deckel aufmachen und ihm ein Küsschen geben, mit ihm schmusen…. Der kleine Mann hält seine Körpertemperatur inzwischen recht gut – und das hat er….
2. seinen 1860g zu verdanken 🙂 Ein echter Wonneproppen 😉 Für uns sieht er schon richtig groß aus! Diese Aufgabe erfüllt er schon mal gut.
3. Samuel trägt jetzt eine sogenannte High-Flow-Brille statt seiner Maske und diese trägt erheblich zu seiner Zufriedenheit bei. Es verrutscht (fast) nichts mehr, er hat keine Mütze auf dem Kopf und wir können ihn besser sehen 🙂
4. Als ich heute Nachmittag an sein Bettchen trat, erwartete mich eine echte Überraschung: Samuel trägt seinen ersten Strampler. Mit 6 Wochen darf er endlich mehr als eine Windel anziehen 😉 Und er sieht damit gleich „viel erwachsener aus“, wie die Schwester bemerkte.

5. Unser kleiner Vogel trinkt aus der Flasche! Wer hätte das für möglich gehalten. Einer der Ärzte hat uns kurz nach der Diagnose gesagt, dass das wahrscheinlich nie für ihn möglich sein würde und jetzt!! Er schafft zwar noch nicht seine ganzen 40 ml, aber heute Nacht waren es 22ml!! Wir sind so stolz auf ihn!!!

Ach ja, unser Junge hat eine Lieblingsseite. Er liegt viel lieber auf der linken Seite. Es ist wirklich erstaunlich, wie schon so kleiner Würmchen ihre Vorlieben entwickeln. Er ist ein ganz einzigartiges Persönchen!

Oh… und noch etwas… Gestern entstanden endlich unsere ersten Familienfotos zu fünft! Wir wollten nicht riskieren, damit zu warten, bis Samuel nach Hause kommt. Sobald wir die Bilder haben, bekommt ihr sie auch zu sehen.

Wir möchten euch noch mal darum bitten, dafür zu beten, dass Samuel bald nach Hause kommen kann. Er ist jetzt zwar stabil, aber dennoch kann jederzeit etwas passieren und wir wollen nicht mitten in der Nacht von schlechten Nachrichten geweckt werden. Meine größte Angst ist, nicht dabei zu sein, wenn Samuels Herz aufhört zu schlagen. Ich will ihn im Arm halten und ihn bewusst in Gottes Hände zurückgeben. Die Ärzte brauchen jetzt viel Weisheit zu entscheiden, wie sie weitermachen sollen, um unser Baby von den Infusionen wegzukriegen. Vielen, vielen Dank an euch alle!!

 

„Wann kommt Samuel nach Hause?“

Ich liebe meinen Schnulli!

Mein Papi 🙂


Gähn….

 

Alles Okay 😉

„Blessings“ von Laura Story

Seit ich dieses Lied kenne, kommen mir jedes Mal die Tränen, wenn ich es höre. Ich finde, es liegt ein unbeschreiblicher Trost darin, dass Gott aus allem Leid Segen entstehen lässt.

 

Diesen Text hat meine Freundin Amy zu dem Lied geschrieben:

Oft finden wir uns in unserem Leben in schwierigen Situationen wieder, die wir nicht verstehen oder erklären können.  Dann bitten wir Gott, unsere Wünsche zu erfüllen: eine gute Note, ein Studienplatz, einen Freund.  Wir beten auch für unsere tiefsten Sehnsüchte: Anerkennung, die Überwindung unserer Schwächen, eine positive Veränderung an unserem Körper, einen Ehemann, einen Sohn oder eine Tochter, Heilung von einer schweren Krankheit, eine bestimmte Arbeitsstelle usw.

Manche Gebete werden beantwortet. Alles ist so, wie wir es uns gewünscht haben.  Aber manchmal beten wir immer wieder für ein bestimmtes Anliegen, aber die klare Antwort, die wir uns so sehr wünschen, bekommen wir nicht.  Warum?  Dieses Lied versucht diese Frage zu beantworten.

 

“Segnungen”

Wir beten um Segen.
Wir beten für Frieden,
Trost für die Familie, Bewahrung während wir schlafen.
Wir beten um Heilung, um Wohlergehen.
Wir beten, dass deine mächtige Hand unser Leid mildert.
Jederzeit hörst Du jede ausgesprochene Not,
aber du liebst uns viel zu sehr, um uns nur unbedeutende Dinge zu geben.

Und was wäre, wenn dein Segen durch Regentropfen kommen würde?
Was wäre, wenn deine Heilung durch Tränen kommen würde?
Was wäre, wenn tausend schlaflose Nächte
notwendig wären, um zu wissen, dass du uns nah bist?
Und was, wenn die Sorgen dieses Lebens verborgene Gnadenerweise wären?

Wir bitten um Weisheit,
damit wir deine Stimme hören können.
Und wir schreien vor Wut, wenn wir deine Nähe nicht spüren.
Wir zweifeln an deiner Güte; wir zweifeln an deiner Liebe,
als ob jedes Versprechen in deinem Wort nicht genug wäre.
Du hörst doch jede hoffnungslose Bitte
und sehnst dich, dass wir den Glauben haben zu vertrauen.

Und was wäre, wenn dein Segen durch Regentropfen kommen würde?
Was wäre, wenn deine Heilung durch Tränen kommen würde?
Was wäre, wenn tausend schlaflose Nächte
notwendig wären zu wissen, dass du uns nah bist?
Und was, wenn die Sorgen dieses Lebens verborgene Gnadenerweise wären?

Wenn Freunde uns betrügen,
wenn Dunkelheit zu gewinnen scheint,
wissen wir, dass der Schmerz dieses Herz daran erinnert,
dass dies nicht unser Zuhause ist.
Es ist nicht unser Zuhause.

Und was wäre, wenn dein Segen durch Regentropfen kommen würde?
Was wäre, wenn deine Heilung durch Tränen kommen würde?
Was wäre, wenn tausend schlaflose Nächte
notwendig wären zu wissen, dass du uns nah bist?
Und was wäre, wenn meine größten Enttäuschungen
oder die Schmerzen des Lebens
die Offenbarung eines größeren Durstes ist, die dieses Leben nicht stillen kann?
Und was wäre, wenn die Prüfungen in  diesem Leben,
der Regen, die Stürme, die schwersten Nächte
verborgene Gnadenerweise wären?

 

Groß werden & atmen üben

Tag 37

So lautet der Plan für die nächsten Tage und Wochen.

Nachdem Samuel sich schnell von dem Eingriff erholt hatte, wurde sein Medikament abgesetzt, das den Duktus in seinem Herzen offen gehalten hat. Es war spannend, wie er darauf reagieren würde, doch es machte ihm eigentlich gar nichts aus. Seine Werte waren immer noch sehr gut. Bald begannen die Schwestern damit, ihn auch mal ganz alleine, also ohne Maske, atmen zu lassen und er machte es sehr gut mit.

Aber als ihm auch noch sein Medikament drastisch reduziert wurde, das ihm beim Atmen half, war das doch etwas zu viel. Er hat so lange durch seine Abfälle protestiert, bis er wieder mehr bekam und nun wird es ihm heimlich raus geschlichen.

Dadurch war er gestern Nachmittag aber ziemlich erschöpft, sodass ich nicht mit ihm kuscheln konnte. Das war sehr schade, denn so kann ich ihn nur durch die Scheiben des Inkubators angucken und ihn berühren, aber ich hab ihn nicht bei mir. In den letzten Tagen fällt es mir sehr schwer, geduldig zu sein und zu warten, bis er so weit ist, dass er nach Hause kommen kann. Manchmal vermisse ich ihn so sehr, dass ich am liebsten direkt in die Klinik fahren und ihn mitnehmen würde.

Ich würde ihn so gerne mit all meiner Liebe überschütten, ihn halten und küssen. Ich würde so gerne sein Leben feiern und Erinnerungen mit ihm schaffen, sodass auch Hannah und Ben ihn nie vergessen. Doch das alles geht jetzt kaum. Und wir wissen nicht, wie viel Zeit wir mit ihm haben.

Doch heute Vormittag hatte Alex eine sehr schöne Zeit mit ihm. Er konnte Samuel sogar kurz ohne Maske halten und mit ihm schmusen 🙂 Darum habe ich ihn wirklich beneidet und ich hatte gehofft, dass es am Nachmittag auch bei mir klappen würde. Doch als ich ankam, regte er sich gerade so auf, dass sein Kopf eine Farbe zwischen dunkel rot und dunkel blau hatte und scheinbar ging das schon eine ganze Weile so. Immer wieder regte er sich auf, wodurch seine Sauerstoffsättigung direkt runterging. Ich war sehr frustriert, weil ich dachte, dass ich bestimmt wieder nicht kuscheln kann. Doch die Schwester bereitete alles vor und ich war gespannt, wie lange das gut gehen würde bei seiner Laune. Gerade als sie ihn mir geben wollte, hatte er wieder einen Abfall und schrie so laut dieser kleine Vogel es nur kann.

Doch sobald er auf mir lag, war er ruhig. Er war ganz still und schlief friedlich ein. So saßen wir über zwei Stunden da und er hat keinen Mucks von sich gegeben und hatte keinen einzigen Abfall. Ich war Gott so dankbar für diese Zeit an genau diesem Tag.

Und auch als er wieder in seinem Bettchen lag, war er immer noch so ruhig, dass die Schwester ihm eine Pause von der Maske zutraute. Es war so süß!! Denn er war wach und guckte mit seinen kleinen, dunklen Knöpfen durch die Gegend und hat das Atemtraining mit Bravur gemeistert.

Ich liebe es, ihm über seine kleine Nase zu streichen. Wir sehen sie so selten. Das sind ganz besondere Momente.

 

Schwere Tage

Tage 29+30

In den letzten Tagen war Samuel nicht mehr so stabil wie vorher. Seine Sauerstoffsättigung war immer grenzwertig, sogar bei hoher Unterstützung. Er hatte ständig Abfälle.

Ich weiß nicht, was an diesem Tag mit mir los war. Schon bevor wir ins Krankenhaus gefahren sind, war mir zum Heulen zumute. Wir waren mit Ben und Hannah Eis essen, aber leider konnte ich das nicht richtig genießen. Ich war schrecklich angespannt.

Eigentlich wollten wir endlich ein Bild zu fünft machen lassen, wenn ich Samuel auf dem Arm halten würde. Doch dazu kam es nicht. Ihm ging es nicht gut, er war sehr instabil. Seine Werte waren sehr niedrig und er brauchte seine Ruhe.

Ich konnte in letzter Zeit eigentlich gut mit dieser Situation umgehen, doch an diesem Tag habe ich sehr viel geweint. Ich begann, die Hoffnung zu verlieren, dass Samuel nach Hause kommen würde. Ich wollte ihn noch nicht gehen lassen, doch ich hatte das Gefühl, dass ich das bald tun muss.

Am nächsten Tag ging es genauso weiter. Auf dem Weg ins Krankenhaus in der Straßenbahn kämpfte ich mit den Tränen. Samuel ging es immer noch nicht besser. Eigentlich sollte an diesem Tag eines seiner Medikamente reduziert werden und ich hatte Angst, dass er das nicht verkraften würde. Doch die Ärzte änderten ihre Pläne. Er bekam seine zweite Bluttransfusion. Das hatte ihm beim ersten Mal schon sehr gut getan und wie sich herausstellen sollte, auch dieses Mal.

Für den nächsten Tag bekamen wir einen Termin für ein Arztgespräch und ich war sehr aufgeregt. Trotzdem ging es mir langsam besser und ich bekam neue Hoffnung.

 

„Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen Herzens sind, und die zerschlagenen Geistes sind, rettet er.“

Psalm 34,19, ELB

Geschwisterliebe

Unsere drei Kinder haben von mir einen selbstgenähten Teddy bekommen. Die Teddys von Ben und Hannah liegen meistens in ihren Betten, weil sie damit schlafen. Als Alex mir zu Weinachten letztes Jahr eine neue Nähmaschine geschenkt hatte, musste ich den Kindern vorführen, wie sie funktionierte und so nähte ich zwei schlichte Schlafsäcke für ihre Bären.

Eines Abends beim Schlafenlegen entdeckt Ben nun seinen Teddyschlafsack und sagt: „Mama, den kann Samuel haben.“ – „Aber sein Teddy ist noch nicht ganz fertig.“ „Aber wir können das so machen: Wir stecken ihn durch das Loch in Samuels Bett und dann tun wir seine Füße da rein.“

Da geht mein Mutterherz auf bei so viel Geschwisterliebe!! Ben wusste ja von Anfang an, dass er einen Bruder bekommen würde. Sie hatten wohl schon immer einen tiefe Verbindung.

Und Hannah hat sich lieber von meinem Babybauch trösten lassen als von meinen Armen. Bisher konnten die beiden ihren Bruder noch nicht küssen, aber dafür haben sie schon vor der Geburt vorgesorgt 😉

_MG_4445 _MG_4447 IMG_1467 IMG_1509